Der Mann aus Teheran
6. Oktober 2004
Brüssel
Ein Handy begann Beethovens 4. Symphonie zu spielen. Die Töne waren mit dem auf die Nerven gehenden Brummton von dem in Mobiltelefone eingebauten Vibrator vermischt. Die unverwechselbare Musik kam aus dem geschmackvoll eingerichteten Schlafzimmer in einer der Mini-Suiten im Hotel Le Plaza. Rolf Duvenhart stand unter der Dusche, als sein Handy auf dem Nachttisch neben dem Bett auf seiner Aufmerksamkeit bestand. Der leistungsfähige Vibrator brachte das Telefon auf dem Nachttisch zum Tanzen, und schließlich fiel es auf das Bett und glitt von dort weiter auf den dicken Teppich. Das Brummen verschwand sofort, aber Beethoven spielte ungestört weiter.
Rolf überlegte einen Moment, ob er antworten sollte, entschied sich aber dagegen. Wenn man mit einer Zahnbürste im Mund unter der Dusche steht, darf man gerne die Versuche der Umwelt, einen zu erreichen, ignorieren.
Außerdem wusste er, wer da anrief, und er wusste auch, was man ihm zu sagen hatte. Es war eine Art Höflichkeitsanruf, statt des obligaten Standardbriefes: „Wir danken Ihnen für Ihr Interesse, aber leider ist die Stelle an einen der anderen Bewerber vergeben worden“, usw., usw. Beethoven stoppte abrupt, mitten im Takt, und Rolf spülte seinen Mund in dem warmen Wasser, das aus der Dusche kam und über seinen Körper lief. Er drehte den Hahn zu, griff nach dem großen Frottee-Handtuch und begann sich abzutrocknen.
Rolf Duvenhart war ein großer Mann. Nicht wie ein Bodybuilder, sondern von Natur aus groß und kräftig gebaut. Mit seinen mehr als 1,90 Metern, und seinen 100 Kilo, war er ein Mann, den man nicht so leicht übersah. Er hatte ordentlich und kurz geschnittene, dunkelblonde Haare, und in seinem relativ großen, aber harmonischen Gesicht leuchteten ein paar intelligente und freundliche blaue Augen. Er war ein Mann, den die meisten Frauen attraktiv fanden, und er war den meisten Männern sympathisch. Aber Rolfs beste Eigenschaft war, dass er bei näherer Bekanntschaft sogar noch gewann. Obwohl es eine ganze Menge Frauen in seinem Leben gegeben hatte, war er im Alter von 43 Jahren noch unverheiratet. Die richtige Frau war noch nicht aufgetaucht, und er hatte sich seit Langem an den Gedanken gewöhnt, den Rest seines Lebens als Junggeselle zu verbringen. Rolf war Rechtsanwalt mit Völkerrecht als Speziale. Er bekleidete zurzeit eine wichtige Position innerhalb des deutschen Geheimdienstes.
Beethoven kehrte mit erneuter Kraft zurück. Rolf zögerte ein paar Sekunden, entschied sich dann aber, den Anruf anzunehmen. Ich kann die Sache genauso gut hinter mich bringen, dachte er. Er wickelte das Handtuch um die Hüften und trat aus dem Bad und in das komfortable Schlafzimmer. Das Telefon war halb unter das Bett gerutscht, und er fühlte es vibrieren, als er es aufhob.
– Duvenhart, sagte er kurz, als die Verbindung hergestellt war.
– Ah, sehr gut, Sie sind noch da, hier spricht Axelsson, war die Antwort. Ich hatte schon befürchtet, dass ich Sie vor Ihrer Abreise nicht mehr erreichen würde, Duvenhart. Sie sind doch noch in Brüssel, nicht wahr?
– Ich war in der Dusche, sagte Rolf kurz angebunden. Er war nicht in der Stimmung, sich eine lange Erklärung, warum er den Job nicht bekommen hatte, anzuhören. Er wollte das Gespräch so kurz wie möglich halten.
– Ich verstehe, sagte Axelsson. Aber wir haben leider keine Zeit zu verlieren. Sie sind für die Position ausgewählt worden, und man erwartet Sie in einer Stunde zu einem Einstellungsgespräch. So angesichts des dichten morgendlichen Berufsverkehrs, sollten wir umgehend aufbrechen. Ich hole Sie in ca. 5 Minuten vom Hotel ab, können Sie das schaffen? Rolf antwortete nicht sofort. Er versuchte, mit sich selbst darüber einig zu werden, ob Axelsson gerade gesagt hatte, „Sie sind für die Position ausgewählt worden“. Das kam völlig unerwartet. Es konnte doch nicht wahr sein. Es musste sich um einen Fehler handeln. Man hatte die Kandidaten verwechselt.
Er versuchte, sich das Gespräch ins Gedächtnis zu rufen. Der Widerstand gegen seine Kandidatur, nicht zuletzt von britischer und spanischer Seite, war nicht zu übersehen gewesen, und schon gar nicht der der Amerikaner. Der Vertreter der USA war ziemlich arrogant und direkt unverschämt gewesen, woraufhin Rolf den Mann einfach ignoriert hatte. Die USA hatte zwar nicht wirklich etwas zu sagen, wenn es um die Besetzung der neu geschaffenen Position ging – es handelte sich hier immerhin um eine europäische Angelegenheit – aber es musste ja einen Grund dafür geben, dass ein amerikanischer Repräsentant bei dem Gespräch zugegen war.
– Sind Sie noch da, Duvenhart? unterbrach Axelsson seine Gedanken.
– Ja, ich bin noch hier, sagte Rolf. Ich bin nur ein wenig überrascht zu hören, dass ich eingestellt werden soll. Sie waren selbst bei dem Gespräch dabei, Axelsson, Sie müssen doch bemerkt haben, dass es nicht besonders gut ablief. Ich hatte nicht den Eindruck, dass man zu einer Einigung über meine Kandidatur kommen würde.
– Nicht alles ist so, wie es auf der Oberfläche zu sein scheint, Duvenhart, sagte Axelsson diplomatisch. Aber das kann ich Ihnen unterwegs erklären. Sie müssen sich beeilen. Ich bin in ein paar Minuten vor dem Hotel. Die Verbindung wurde unterbrochen und Rolf legte das Telefon auf den Nachttisch. Er ging zum Fenster und blickte geistesabwesend auf die Straße hinunter. Er versuchte, sich die Ereignisse der letzten zwei Tage ins Gedächtnis zurückzurufen. Der erste Kontakt hatte mit Axelsson stattgefunden. Der schwedische Diplomat aus dem EU-Hauptquartier in Brüssel hatte angeblich als Headhunter fungiert. – Ich bin gebeten worden, vorsichtig einen Fühler auszustrecken, hatte Axelsson gesagt. Man ist nicht daran interessiert, dass mehr Leute als höchst notwendig die Pläne kennen, wenn Sie verstehen was ich meine. Rolf hatte absolut nicht verstanden, was Axelsson meinte, und hatte daher gefragt:
– Einen vorsichtigen Fühler für was? Von welchen Plänen sprechen Sie? Und wer ist ‚man‘?
– Die Angelegenheit ist ein wenig speziell, hatte Axelsson geantwortet. Ich repräsentiere eine neu gegründete Sonderkommission innerhalb der EU, mit voller Unterstützung der meisten Mitgliedsländer, natürlich. Er hatte das nicht weiter vertieft, hatte aber auf einem Treffen bestanden.
– Ich würde gerne mit Ihnen reden, hatte er gesagt. Haben Sie die Möglichkeit nach Brüssel zu kommen, umgehend? Rolf hatte gespürt, dass er am Telefon nicht mehr erfahren würde, und größtenteils aus purer Neugier stimmte er zu, sofort zu kommen. Axelsson hatte bereits ein Flug-Ticket in Rolfs Namen am Flughafen in Hamburg hinterlegen lassen, und noch am selben Abend trafen sich die beiden Männer in einem Büro in der Innenstadt von Brüssel. Axelsson war ein gut aussehender Mann in den Sechzigern. Sein Haaransatz war stark zurückgewichen und das Haar, das ihm geblieben war, war mit grauen Strähnen durchzogen. Er hatte ruhige, intelligente Augen und einen milden Gesichtsausdruck, der nichts über seinen inneren Zustand verriet. Er trug einen dunkelblauen Anzug und eine dezente Krawatte, die mit einer goldenen Schlipsnadel geschmückt war.
– Was ich Ihnen jetzt erzählen will, ist vertraulich, hatte Axelsson die Sitzung eingeleitet. Als langjähriges Mitglied des deutschen Geheimdienstes sind Sie natürlich bestens mit Diskretion vertraut, Duvenhart, aber ich erwähne es trotzdem, damit allen Formalitäten genüge getan wird. Rolf war überrascht gewesen, dass Axelsson von seiner Arbeit für den deutschen Geheimdienst wusste, aber er hatte geantwortet, als ob er nicht verstand, worum es ging:
– Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor. Warum in aller Welt glauben sie, dass ich für den deutschen Geheimdienst arbeite? Axelsson hatte Rolf einen Moment mit einem enttäuschten Blick auf seinem Gesicht angesehen. Dann hatte er eine Schublade geöffnet, einen Ordner herausgenommen und ihn auf den Tisch vor Rolf geworfen.
– Ich denke, wir können eine Menge Zeit sparen, wenn Sie sich den Inhalt dieses Ordners ansehen, hatte er gesagt. Rolf hatte den Ordner geöffnet und seine Verblüffung kaum verbergen können. Vor ihm hatte eine komplette Sammlung aller seiner persönlichen Daten gelegen. Nichts hatte gefehlt, weder eine Kopie seiner Geburtsurkunde, noch seine Diplome oder die Papiere aus seiner Militärzeit oder sein laufender Arbeitsvertrag mit dem Geheimdienst. Axelsson wusste scheinbar alles über ihn, was wissenswert war. Er hatte nicht recht gewusst, was er sagen sollte, aber dann legte er die Papiere mit einem schiefen Lächeln wieder in den Ordner.
– Ich bin wirklich beeindruckt, Axelsson, hatte er schließlich gesagt. Lassen Sie uns alle weiteren Formalitäten vergessen. Worum geht es hier?
– Danke, Duvenhart, hatte Axelsson erleichtert geantwortet. Es geht ganz einfach um Terrorismus. Oder besser gesagt, um den Kampf gegen Terrorismus. Rolfs Interesse war sofort aufgeflammt und Axelsson war fortgefahren:
– Eine repräsentative Anzahl der Mitgliedsländer der EU hat ihren Wunsch nach der Gründung eines neuen Organs in Europa ausgedrückt. Eines Organs, das für die Koordinierung der Terrorbekämpfung zwischen den betreffenden Mitgliedsländern zuständig ist. Rolf hatte sich gefragt, was sich wohl hinter dem Ausdruck ‚eine repräsentative Anzahl‘ verbergen mochte, hatte aber nichts gesagt, und Axelsson hatte weiter erklärt:
– Man war sich darüber einig, dass das Organ oder die Organisation, Europäische Anti-Terror Organisation, EATO, heißen sollte, und man hatte beschlossen, dass sie ihren Sitz in Deutschland haben sollte, genauer gesagt in Hamburg. Rolf hatte die Augenbrauen hochgezogen.
– In Hamburg? Warum ausgerechnet da? Hatte er gefragt. Axelsson hatte schief gelächelt.
– Aus sentimentalen Gründen, glaube ich, hatte er geantwortet. Rolf hatte ihn mit zusammengekniffenen Augen angesehen.
– Aus sentimentalen Gründen? hatte er nachgefragt.
– Ja, aus sentimentalen Gründen, hatte Axelsson wiederholt. Schließlich war in Hamburg ein erheblicher Teil des Anschlags vom 11. September geplant worden, und daher hat man sich wahrscheinlich gedacht, es wäre eine passende Geste gegenüber unseren besorgten Freunden auf der anderen Seite des Atlantiks. Rolf war sich nicht sicher gewesen, dass er richtig verstanden hatte, worum es eigentlich ging. – Wo komme ich ins Bild? hatte er gefragt.
– Dazu komme ich gleich, hatte Axelsson geantwortet. Aber lassen Sie mich zuerst einmal erwähnen, dass die notwendigen Bewilligungen gesichert sind. Mit anderen Worten, man hat die notwendigen finanziellen Mittel für die Realisierung der EATO. Das, was fehlt, ist die richtige Person, die die Organisation leitet, eine Person mit der richtigen Einstellung, wenn ich mal so sagen darf. Wie ich am Telefon erwähnte, ist es meine Aufgabe, einige Fühler auszustrecken. Man hätte gerne eine Reihe von Kandidaten zur Auswahl, und es ist meine feste Überzeugung, dass Sie ausgezeichnet zu dem gewünschten Profil passen. Die Frage ist, ob Sie sich überhaupt vorstellen können, sich um den Posten zu bewerben? Rolf hatte bemerkt, wie sein Herz schneller zu schlagen begann.
– Die Frage kann ich fast bedingungslos mit „Ja“ beantworten, hatte er erwidert. Aber kennt man meine persönliche Haltung zu Terrorismus und nicht zuletzt zu den Ursachen, die zum Terrorismus führen? Ich bin nicht der Meinung, dass Terrorismus oder dessen Ursachen einzig und allein von außen auf uns zukommen. Diese Ansicht habe ich öffentlich zum Ausdruck gebracht.
– Ja, natürlich, Ihre Haltung ist uns nicht fremd, hatte Axelsson mit einem fast nicht wahrnehmbaren Lächeln auf den Lippen gesagt, und vielleicht ist ein wenig Selbstkritik gar nicht so ungesund im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit unseren Partnern auf der anderen Seite des Atlantiks.
Rolf wurde aus seinen Gedanken gerissen, als jemand an die Tür klopfte. Er hatte völlig vergessen, sich zu beeilen, und stand immer noch am Fenster mit dem Handtuch um die Hüften. Er ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt, nur so weit, dass er auf den Flur sehen konnte. Ein Mann in Chauffeur-Uniform stand vor der Tür.
– Herr Axelsson wartet auf Sie, sagte der Fahrer in ausgezeichnetem Englisch.
– Vielen Dank! Sagen Sie ihm, dass ich in fünf Minuten unten bin, sagte Rolf. Der Fahrer verneigte sich diskret und ging, und Rolf beeilte sich mit dem Anziehen. Sieben Minuten später stand Rolf auf dem Boulevard Adolphe Max, wo das Luxus-Hotel Le Plaza sich befindet. Hier entdeckte er sofort den Chauffeur, der an seine Zimmertür geklopft hatte. Er stand neben einem dunkelblauen Jaguar, der vor dem Hotel hielt. Rolf ging zum Auto und nickte dem Fahrer zu, der sich beeilte, die Tür für ihn zu öffnen.
– Guten Morgen, Duvenhart, begrüßte ihn Axelsson, wir müssen uns beeilen. Es wäre nicht gut, zu spät zu kommen.
Rolf fühlte sich durch die Bemerkung getroffen, sagte aber nichts. Einen schlechteren Start für eine neue Karriere konnte man sich wohl kaum vorstellen. Zuerst ein einleitendes Gespräch, das zweifelhaft verlief, und jetzt ein unterschwelliger Vorwurf vom Headhunter, dass er zu spät zu seinem Einstellungsgespräch kam. Man musste wirklich großes Interesse daran haben, ihn einzustellen.
– Nun müssen Sie mir aber erzählen, was da gestern gut gelaufen ist, sagte er zu Axelsson. Ich bin wirklich erstaunt über die Anstellung. Amerika war ja kurz davor, Veto gegen mich einzulegen. Was passiert hier, Axelsson? Das Auto setzte sich in Bewegung.
– Wie ich bereits erwähnte, sagte Axelsson in gedämpftem Tonfall, ist nicht alles unbedingt so, wie es scheint. Er hielt inne und blickte nachdenklich vor sich hin.
– Sie müssen mir einen Augenblick Zeit geben, sagte er, denn es ist sehr wichtig, dass ich das nächste auf die richtige Weise sage. Eine falsche Formulierung meinerseits könnte Sie vielleicht dazu veranlassen, Ihre Meinung in Bezug auf Ihre Bewerbung zu ändern. Daran möchte ich nicht schuld sein, wie Sie wahrscheinlich verstehen können. Rolf sah Axelsson fragend an. Wozu dieses Theater? dachte er, warum sagt er nicht einfach die Dinge geradeheraus?
– Sehen Sie, Duvenhart, fuhr Axelsson fort, es gibt einen gewissen Mangel an Übereinstimmung zwischen den einzelnen EU-Ländern, was Prioritäten angeht, und nicht zuletzt in Bezug auf den Umgang mit der Problematik der Terrorismusbekämpfung. Einige Länder priorisieren dieses Thema sehr hoch, während andere lieber sähen, dass man es unter den Teppich kehrt, bis es hoffentlich irgendwann von selbst verschwindet. Duvenhart, ich bin sicher, all das ist ihnen nicht fremd. Wenn wir täten, was die USA gerne hätte, würden wir einen steinharten Militärmann anstellen und ihm freie Hand geben, um alle wahrscheinlichen oder sogar nur möglichen Terroristen in ganz Europa einzukreisen und sie nach Guantánamo zu schicken. Es gibt sogar Mitgliedstaaten, die mit einer solchen Lösung einverstanden wären.
Aber es gibt ganz bestimmt auch Länder, die sich mit Händen und Füssen gegen eine solche Entwicklung wehren werden. Unter den letzteren kann ich insbesondere Deutschland, Frankreich und Schweden nennen. Die Situation ist natürlich äußerst delikat, und man benötigt daher eine charismatische Person, die mit Intelligenz, und nicht zuletzt mit diplomatischem Einfühlungsvermögen, die Länder um EATO sammelt. Eine Person, die ganz gewiss ihr Möglichstes tun wird, um das Problem zufriedenstellend zu lösen, aber doch nicht unkritisch bei dem amerikanischen Modell mitspielt. Duvenhart, als Sie ins Auto stiegen sagten Sie zu mir, dass die USA gegen Sie Veto einlegen wollte, das heißt, wenn sie eine Stimme in dieser Angelegenheit besäße. Aber die Wahrheit ist tatsächlich ein wenig anders. Deutschland, Frankreich und Schweden haben bereits damit gedroht, gegen die Gründung von EATO Veto einzulegen, wenn Sie nicht eingestellt werden, um die Organisation aufzubauen. Das Risiko wollen die Amerikaner nun doch nicht laufen, so dass Ihre Kandidatur unter diesen Umständen die volle Unterstützung der Vereinigten Staaten hat. Ich hoffe, ich habe mich so vorsichtig wie möglich ausgedrückt, und dass Sie erkennen, dass Sie eine einmalige Gelegenheit bekommen, um einen Unterschied im Kampf gegen den Terrorismus zu machen, wenn Sie also das Angebot annehmen sollten, das man Ihnen heute unterbreiten wird.
Rolf schwieg; er musste Axelssons Worte erst einmal verdauen. Das Auto hielt vor dem EU-Parlament. Beide Männer blieben im Auto sitzen. Axelsson betrachtete Rolf eingehend, aber es war ihm unmöglich herauszufinden was er dachte.
– Gut, Axelsson, sagte Rolf schließlich. Ich habe das Gefühl, dass Sie offen und ehrlich mit mir sind, und ich denke, ich kann mir ein gutes Bild von dem machen, was mich erwartet, wenn ich das Angebot akzeptiere, das man mir, wie Sie sagen, unterbreiten wird. Er blickte auf das eindrucksvolle Parlamentsgebäude.
– Ich kann nur sagen, dass ich mich darauf freue, meine Kräfte mit der Aufgabe zu messen, fuhr er fort und hielt Axelsson die Hand hin, der sie mit einem breiten Lächeln schüttelte.
– Sollen wir hineingehen? sagte Axelsson.
Zwei Stunden später verließ Rolf Duvenhart das EU-Parlamentsgebäude in Brüssel als Leiter der neuen Organisation, die den Terrorismus in Europa bekämpfen sollte, der Europäischen Anti-Terror Organisation, EATO. Er war mit voller Zustimmung des Deutschen Nachrichtendienstes und mit sofortiger Wirkung freigestellt worden und würde den Aufbau der neuen Organisation bereits am nächsten Tag beginnen.
(Fortsetzung folgt)
ENGLISH
The Man from Tehran
6 October 2004
Brussels
A cell phone started playing Beethoven’s 4th Symphony. The sounds were mixed with the annoying humming sound from the vibrator built into cell phones. The unmistakable music came from the tastefully furnished bedroom in one of the mini suites in the Hotel Le Plaza. Rolf Duvenhart was in the bathroom taking a shower when he heard his phone ringing, which he had left on the bedside table. The powerful vibrator made the phone dance on the shiny surface, and finally it fell onto the bed and continued to slide down from there onto the thick carpet. The hum disappeared immediately, but Beethoven continued to play undisturbed. Rolf considered for a moment whether he should answer or not, but decided against it. If you stand in the shower with a toothbrush in your mouth, you can safely ignore the attempts of anybody trying to reach you. Anyway, he knew who was calling, and he also knew what the caller would say. It would be a courtesy call, instead of an obligatory standard letter: „Thank you for your interest, but unfortunately the position has been given to one of the other applicants“, etc., etc.
Beethoven stopped abruptly, in the middle of the beat, and Rolf flushed his mouth in the warm water that came out of the shower and ran over his body. He turned off the tap, grabbed the big terry towel, and started drying himself. Rolf Duvenhart was a big man. Not like a bodybuilder, but naturally built big and strong. With his more than 1.90 meters, and his 100 kilos, he was a man that was not easily overlooked. He had neat, short cut, dark blonde hair, and a pair of intelligent and friendly blue eyes shone in his relatively large but harmonious face. He was a man most women found attractive and the type that most men found sympathetic. But Rolf’s best feature was that he even grew on people on closer acquaintance. Although there had been a lot of women in his life, he was still unmarried at the age of 43. The right woman hadn’t shown up, and he had long been used to the idea of spending the rest of his life as a bachelor. Rolf was a lawyer specializing in international law. He currently held an important position within the German secret service.
Beethoven returned with renewed strength. Rolf hesitated for a few seconds, but then decided to answer the call. I might as well get this over with, he thought. He wrapped the towel around his waist and stepped out of the bathroom and into the comfortable bedroom. The phone had slipped halfway under the bed and he felt it vibrate as he picked it up.
– Duvenhart, he said briefly when the connection was made.
– Ah, very good, you are still there, this is Axelsson, was the answer. I was afraid I wouldn’t be able to reach you before you left, Duvenhart. You’re still in Brussels, aren’t you?
– I was in the shower, said Rolf shortly. He was in no mood to listen to a long explanation of why he hadn’t got the job. He wanted to keep the conversation as short as possible.
– I understand, said Axelsson. But unfortunately we have no time to waste. You have been selected for the position and they expect you for signing the contract in an hour. So given the heavy morning traffic, we should leave immediately. I will pick you up from the hotel in about 5 minutes, can you make that?
Rolf didn’t answer immediately. He tried to wrap his head around that Axelsson had just said, „You have been selected for the position.“ That was totally unexpected. It couldn’t be true. It had to be a mistake. The candidates must have been mixed up. He tried to recall the interview. The opposition to his candidacy, not least from British and Spanish sides, could not have been mistaken, and certainly not that of the Americans. The representative of the United States had been pretty arrogant and outrageous, and Rolf had simply ignored the man. The US didn’t really have a say when it came to filling the newly created position – after all, it was a European issue – but there had to be a reason that an American representative was present at the interview.
– Are you still there, Duvenhart? Axelsson interrupted his thoughts.
– Yes, I’m still here, said Rolf. I’m just a little surprised to hear that I have been selected. You were there yourself, Axelsson, you must have noticed that things weren’t going all that well. I did not have the impression that an agreement would be reached on my candidacy.
– Not everything is what it seems to be on the surface, Duvenhart, said Axelsson diplomatically. But I can explain that to you on the way. You must hurry up. I’ll be in front of the hotel in a few minutes.
The call was disconnected, and Rolf put the phone back on the bedside table. He went to the window and gazed absently down at the street. He tried to recall the events of the past two days. The first contact had been with Axelsson. The Swedish diplomat from the EU headquarters in Brussels allegedly acted as headhunter.
– I have been asked to make discrete inquiries, Axelsson had said. It is a general expectation that not more people than essentially necessary know about the plans, if you understand what I mean.
Rolf had absolutely not understood what Axelsson meant and therefore asked:
– Discrete inquiries about what? What plans are you talking about? And who has these general expectations?
– The matter is a little bit delicate, Axelsson had answered. I represent a newly founded special commission within the EU, with the full support of most member countries, of course. He hadn’t gone into it further but had insisted on a meeting.
– I would like to talk to you, he had said. Do you have the opportunity to come to Brussels immediately?
Rolf had sensed that he would not find out anything more on the phone, and largely out of sheer curiosity, he agreed to travel immediately. Axelsson had already deposited a flight ticket in Rolf’s name at the Hamburg airport, and the same evening the two men met in an office in downtown Brussels.
Axelsson was a handsome man in his sixties. His hairline had receded, and what was left was streaked with gray. He had calm, intelligent eyes and a mild expression that revealed nothing about his inner state. He was wearing a dark blue suit and a subtle tie adorned with a gold tie pin.
– What I want to tell you now is confidential, Axelsson had started the meeting. As a long-time member of the German secret service, you are of course very familiar with discretion, Duvenhart, but I mention it anyway so that all the formalities are met. Rolf had been surprised that Axelsson knew about his work for German intelligence, but he replied as if he didn’t understand what it was about:
– I think there is a misunderstanding here. Why in the world do you think that I work for German intelligence?
Axelsson had looked at Rolf for a moment with a disappointed look on his face. Then he opened a drawer, took out a folder and laid it on the table in front of Rolf.
– I think we can save a lot of time if you look at the contents of this folder, he had said.
Rolf had opened the folder and could hardly hide his amazement. In front of him was a complete collection of all his personal information. Nothing was missing, neither a copy of his birth certificate, his diplomas, military papers, nor his current employment contract with the secret service. Axelsson apparently knew everything about him that was worth knowing. He hadn’t really known what to say, so he just put the papers back into the folder with a wry smile.
– I’m really impressed, Axelsson, he had finally said. Let us by all means forget all the other formalities. What is this about?
– Thank you, Duvenhart, Axelsson had answered with relief. It’s simply about terrorism. Or rather, the fight against terrorism. Rolf’s interest immediately flared up and Axelsson continued:
– A representative number of EU member states have expressed their desire to establish a new organ in Europe. An institution responsible for coordinating the fight against terrorism between the member countries concerned.
Rolf had wondered what the expression ‚a representative number‘ might be, but had said nothing, and Axelsson continued:
– It was agreed upon that the organ or organization should be called European Anti-Terror Organization, EATO, and it was decided that it should be based in Germany, more precisely in Hamburg.
Rolf had raised his eyebrows.
– In Hamburg? Why there of all places? He had asked.
Axelsson had smiled wryly.
– For sentimental reasons, I think, he had answered.
Rolf had narrowed his eyes at him.
– For sentimental reasons? he had echoed.
– Yes, for sentimental reasons, Axelsson had repeated. After all, a significant part of the 9/11 attack had been planned in Hamburg, so it was probably thought that it would be a fitting gesture with regard to our concerned friends on the other side of the Atlantic.
Rolf hadn’t been sure that he had understood what it was all about.
– Where do I fit into the picture? he had asked.
– I will get to that in a moment, Axelsson had answered. But first let me mention that the necessary permits have been secured. In other words, the necessary financial means to implement EATO exist. What is missing is the right person to head the organization. A person with the right attitude, if I may say so. As I mentioned on the phone, I have been asked to make some discrete inquiries. One would like to have a number of candidates to choose from, and it is my firm belief that you are an excellent match for the desired profile. The question is, if you would be interested at all in applying for the post?
Rolf had noticed how his heart started to beat faster.
– I can answer the question almost unconditionally with „Yes“, he had replied. But is my personal attitude to terrorism and not least the causes that lead to terrorism known? I do not believe that terrorism or its causes come to us solely from the outside. I have expressed this view publicly.
– Yes, of course, your attitude is not unknown to us, Axelsson had said with an almost imperceptible smile on his face, and maybe a little self-criticism is not so unhealthy when it comes to cooperation with our partners on the other side of the Atlantic.
Rolf was pulled out of his thoughts when someone knocked on the door. He had completely forgotten to hurry and was still standing by the window with the towel around his waist. He went to the door and opened it a crack just enough to see the hallway. A man in a chauffeur’s uniform stood at the door.
– Mr. Axelsson is waiting for you, Sir, the driver said in excellent English.
– Thank you very much! Tell him I’ll be down in five minutes, said Rolf. The driver bowed discreetly and left, and Rolf hurried to get dressed. Seven minutes later, Rolf stood outside on the Boulevard Adolphe Max, where the luxury hotel Le Plaza is located. Here he immediately discovered the chauffeur who had knocked on his door. He was standing next to a dark blue jaguar parked in front of the hotel. Rolf went to the car and nodded to the driver, who hurried to open the door for him.
– Good morning, Duvenhart, Axelsson greeted him inside the car, we have to hurry. It would not be good to be late.
Rolf felt bad about the remark but said nothing. He could hardly imagine a worse start for a new career. First an introductory interview, which was doubtful, and now an underlying accusation from the headhunter that he was late for his interview. They had to be really interested in hiring him.
– Now you must tell me what went so well yesterday, he said to Axelsson. I am really amazed that I got the job. America was on the verge of vetoing me. What is happening here, Axelsson?
The car started to move.
– As I mentioned before, Axelsson said in a subdued tone, not everything is exactly as it seems. He paused and looked thoughtfully in front of himself.
– You must give me a moment, he said, because it is very important that I say the next thing in the right way. Wrong wording on my part could possibly cause you to change your mind about your application. I don’t want to be blamed for that, as you can probably understand.
Rolf looked questioningly at Axelsson. Why all this drama? he thought, why doesn’t he just say things straightforward?
– Look, Duvenhart, Axelsson went on, there is a certain lack of consistency between EU countries in terms of priorities, and last but not least, how to deal with counter-terrorism issues. Some countries give this issue a very high priority, while others would rather see it swept under the carpet until hopefully it will disappear on its own at some point. Duvenhart, I’m sure none of this is new to you. If we did what the United States would like, we would hire a rock-hard military man and give him a free hand to round up all likely or even possible terrorists across Europe and send them to Guantánamo. There are even Member States that would agree to such a solution. But there are definitely also countries that will fight such a development with tooth and nail. Among the latter, I can mention Germany, France and Sweden in particular. The situation is extremely delicate, of course, so we need a charismatic person who can gather the countries around EATO with intelligence, and not least with diplomatic empathy. A person who will certainly do everything possible to solve the problem satisfactorily, but who does not uncritically play the American game. Duvenhart, when you got in the car, you told me that the United States wanted to veto you, that is, if they had a voice on the matter. But the truth is actually a little different. Germany, France and Sweden have already threatened to veto the creation of EATO if you are not hired to establish the organization. The Americans don’t actually want to take this risk, so your candidacy has the full support of the United States under these circumstances. I hope that I have expressed myself as carefully as possible and that you recognize that you will have a unique opportunity to make a difference in the fight against terrorism, that is, if you accept the offer that will be made to you today.
Rolf remained silent; he had to digest Axelsson’s words first. The car stopped in front of the EU Parliament. Both men stayed in the car. Axelsson looked closely at Rolf, as if he was trying to figure out what he was thinking.
– Good, Axelsson, said Rolf finally. I feel that you are open and honest with me and I think I have a fair idea of what to expect – if I accept the offer that they are going to make, as you mentioned.
He looked at the impressive parliament building.
– I can only say that I am looking forward to pitting my strength against the task, he continued, holding out his hand to Axelsson, who shook it with a big smile.
– Should we go inside? said Axelsson.
Two hours later, Rolf Duvenhart left the EU Parliament building in Brussels as head of the new organization to fight terrorism in Europe, the European Anti-Terror Organization, EATO. The German Intelligence Service had released him from duties with immediate effect, and he would start the building of the new organization already the next day.
(To be continued)
This is a lovely chapter, a beautiful building of a scene I can totally picture in my mind
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I showed this to my husband, and it made him glad, thank you for your kind words, da-AL … 🙂
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Please tell him thank you for sharing it with us, as well as you for translating — btw, I also love the videos you have on youtube but for some reason at the moment I’m having trouble logging into it to comment
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Thank you … I had problems with Gmail, emails disappeard … there is something rotten in the state of Google … 😉
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Indeed lol
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das war echt sehr interessant, möge es ein ruhiger friedlicher Tag werden, Klaus
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Ja, möge es! Wir haben April-Wetter hier, Sonne und Hagelsturm gleichzeitig … 😀
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Ich bin stark beeindruckt, wie dein Mann die Fäden dieser spannenden Geschichte so meisterhaft handhabt. Viele liebe Grüße aus dem winterlichen Kanada!
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Steffen wurde ganz verlegen, als ich ihm das vorlas … 😉
Hier stürmt es wieder, totales Aprilwetter, Sonne und dicker Hagel gleichzeitig …
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