Diese Geschichte hatte ich fast schon vergessen. Sie ist teilweise lustig, teilweise merkwürdig und teilweise schrecklich.
Goldilocks Opa kam nach Hamburg, um seine Enkelin zu besuchen. (Wir wohnten damals noch zusammen in Wilhelmsburg.) Ich wurde vorbereitet: Opa ist ein richtiger Schwabe, trennt sich ungern vom Geld. Zuhause dosiert er das Abwaschmittel, damit seine Frau nicht zu viel benutzt und zählt das Wechselgeld nach dem Einkauf. Der Einkauf selbst geht so vor sich: Oma legt in den Wagen, Opa legt ins Regal zurück.
Wir zogen also mit Opa über die Hamburger Reeperbahn. An den Blicken der Leute konnten wir sehen, dass wir in deren Augen ein klarer Fall von Abzocke eines alten Mannes waren. Von wegen! Das meiste musste Goldilock bezahlen, denn Opa war ja Rentner und hatte kein Geld. Beim Cafe Keese trat er ein und fragte als erstes „Haben Sie auch Rentnerpreise?“ und liess eine Bemerkung über das geizig geschenkte Bier fallen.
Opa liess sich ausführlich darüber aus, was er alles machen würde, wenn Oma erst einmal tot war. Er hätte heimlich Geld beiseite gelegt. Und als erstes würde er sich nach einer jüngeren Frau umsehen. Aber der würde er nicht verraten, dass er Geld auf der Kante hatte.
Als wir wieder nach Hause kamen, drückte er Goldilock 20 DM in die Hand mit der Bemerkung, dass sie sich davon einen schönen Abend machen sollte … 😉
Aber Opa hatte sich verrechnet; er starb zuerst! Goldilock berichtete, dass er es gar nicht fassen konnte, dass er abtreten sollte und sich mit Händen und Füssen dagegen gesträubt hätte. Das war wahrscheinlich der Grund dafür, dass er dann in seinem alten Hause spukte, er wollte nicht gehen. Das ist kein Witz!
Oma war jetzt eigentlich frei von ihrem Plagegeist, aber was passierte? Sie sah und fühlte ihn überall im Haus. Und ihre daraus entstehende Angst verstärkte seine Präsenz im Haus. Ich meinte zu Goldilock, dass ihre Oma am besten umziehen sollte, aber das wollte die alte Dame dann nicht. Es endete damit, dass Oma ins Heim eingewiesen wurde, weil ihre „Zwangsvorstellungen“ immer schlimmer wurden, u. a. trat ein Gynäkologenstuhl in ihnen auf.
Die alte Dame tat mir so leid. Wäre sie doch nur umgezogen. Vielleicht hätte sie dann noch ein paar angenehme Jahre gehabt.
Muss ja auch eine Traumhafte ehe gewesen sein, wenn sie noch später solche Angst vor seinem Schatten hatte 😦
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Na eben, wenn er schon erzählt was er alles machen will, wenn Oma erst einmal tot ist … eigentlich war das ausgleichende Gerechtigkeit, dass er zuerst gestorben ist. Nur Oma hätte ausziehen sollen, dann hätte sein Schatten nicht lange überlebt. Aber auf mich hört ja niemand …
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Arme Oma. Er hat ihr so viele Grenzen im Leben gesetzt, dass sie sich nach seinem Tod nicht frei machen konnte. Vielleicht war es auch die Gewohnheit der von ihm gemachten Regeln.
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Er hat sie jedenfalls total tyrannisiert. Die arme Frau!
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… unsere Nachtschatten polltern für uns… sie wusste vermutlich, dass sie in überall mitnehmen würde… 😉
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Das ist die Frage … in anderer Umgebung und nicht alleine, wer weiss?
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Ja… wer weiss…
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